Hintergrund
SCHLAU Hannover engagiert sich mit seiner Arbeit nunmehr seit 25 Jahren für eine diskriminierungssensible Schule und Gesellschaft.
Warum gibt es SCHLAU?
Zwischen fünf und zehn Prozent aller Menschen sind nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung schwul, lesbisch, bi oder trans*. Statistisch gesehen sind das ein oder zwei Jugendliche in jeder Schulklasse. Unverständnis, Ausgrenzung und sogar Gewalt sind Erfahrungen, von denen die meisten betroffenen Jugendlichen berichten – wohl auch, weil in deutschen Klassenzimmern über sexuelle Orientierung und Geschlechteridentitäten kaum gesprochen wird.
Das Deutsche Jugendinstitut veröffentlichte im Herbst 2015 erstmals eine bundesweite Studie zur Lebenssituation von lesbischen, schwulen, bi, trans* und queeren (LGBTIQ*) Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Ergebnisse sind eindeutig:
- Acht von zehn befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen erfuhren auf Grund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität Diskriminierung. 55 Prozent der Befragten erlebten diese im schulischen Kontext.
- 61 Prozent der Befragten gaben an, sich vor einem Coming-Out im schulischen oder beruflichen Kontext zu fürchten. Ein Coming-Out während der Schulzeit vermeiden die meisten Menschen aus Angst vor Ausgrenzung und Mobbing.
- Im Unterricht wird das Thema LGBTIQ* häufig nicht angesprochen. Positive Beispiele und Vorbilder für Jugendliche sind selten. Auf Schimpfworte oder offene Anfeindungen wurde nur von 57 Prozent der Lehrkräfte reagiert.
Auch SCHLAU-Teamer*innen haben oft ähnliche Erfahrungen in ihrer eigenen Schulzeit gemacht. Für die meisten von uns Motivation genug, LGBTIQ*-Themen mit Schulklassen im Rahmen unserer Workshops anzusprechen.
Ganz nach unserem Motto: Mit uns reden, statt über uns!
Woher kommt SCHLAU?
Erste Aufklärungsprojekte haben sich in ganz Deutschland bereits Anfang der 1990er Jahre gegründet und wurzeln in ihren Anfängen vor allem in NRW. Seitdem haben sich die Idee und die Konzepte von queerer Bildungsarbeit in mehreren Bundesländern etabliert. So gibt es neben NRW und Niedersachsen auch SCHLAU-Projekte in Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Ihre Anfänge hat die Aufklärungsarbeit der 1990er Jahre vor allem in der Sexualpädagogik: Denn es war vor allem der Biologieunterricht und die dort stattfindende Sexualaufklärung, die einen Rahmen für Fragen der Jugendlichen bot. Entsprechend waren es vor allem die Richtlinien zur Sexualerziehung, die erstmals das Thema Homosexualität auf die schulische Agenda setzen.
Seit den 1990er Jahren ist allerdings viel geschehen: Die gesetzliche Gleichstellung von lesbischen und schwulen Partnerschaften wurde immer selbstverständlicher und insbesondere in den letzten Jahren haben auch die Themen Trans* und Inter* den Sprung auf die politische, mediale und gesellschaftliche Agenda geschafft. Die Akzeptanz von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter* und queeren Menschen hat insgesamt zugenommen. Heute ist es nicht länger nur eine Aufgabe des Biologieunterrichts oder der Sexualaufklärung über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu sprechen. Gleichberechtigung ist interdisziplinär bedeutend und somit auch eine politische, einen menschenrechtliche, eine religiöse oder moralische Frage.
Methodisch hat sich SCHLAU daher immer stärker auf Menschenrechtsbildung und Antidiskriminierungspädagogik fokussiert und damit auch eine Angebotslücke geschlossen. Heute kooperieren wir selbstverständlich mit sexualpädagogischen Aufklärungsprojekten von profamilia oder den AIDS-Hilfen, greifen selbst aber nicht mehr auf entsprechende Konzepte zurück. Wir sind überzeugt, dass die Selbstverständlichkeit und Sichtbarkeit von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter* gesteigert werden kann, wenn die Themen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt fächerübergreifend und aus vielen verschiedenen Perspektiven zur Sprache gebracht werden.
Bildungsprojekte, die zu ähnlichen Schwerpunkten arbeiten, gibt es im gesamten Bundesgebiet. Viele davon sind über den Verein Queere Bildung e.V. vernetzt und im regelmäßigen Austausch.
Von der Schul!AG zu SCHLAU Hannover
Im Jahr 1996 wurde das Hannoversche Bildungssprojekt als Gruppe der Homosexuellen Emanzipation e.V. (Home) unter dem Namen Schul!AG gegründet. Ab 2001 war es als selbstständige Gruppe tätig und wurde ab 2002 ein Projekt des Nevermind e.V., welcher die Förderung lesbisch-schwuler Jugendarbeit in Hannover zum Ziel hatte.
Vereinsgründung & Namensänderungen
Nachdem der Nevermind e.V. Ende des Jahres 2010 seine aktive Arbeit einstellen musste, gründete die Schul!AG im April 2011 einen eigenen Trägerverein und benannte sich anlehnend an bereits bestehende SchLAu Projekte in anderen Bundesländern in SchLAu Hannover um.
Der Name SchLAu sollte das Programm anzeigen: Schwul Lesbische Bi Trans* Aufklärung.
Durch die bundesweite Kooperation mit anderen autonomen SchLAu Projekten konnte weiterhin die regelmäßige professionelle Qualifizierung von Teamer*innen garantiert werden und durch die Nutzung eines gemeinsamen ‚Labels’ mehr Öffentlichkeit für die eigene Arbeit generiert werden.
Im Zuge einer weiteren Vernetzung mit anderen Bildungsprojekten erfolgte im Jahr 2016 eine komplette Neuauflage und Vereinheitlichung des Corporate Designs. Erstmalig machen sämtliche SCHLAU Projekte bundesweit im gleichen Erscheinungsbild ihre Öffentlichkeitsarbeit.
Projektübernahme
Im Jahr 2021 blicken wir mit dem SCHLAU Hannover e.V. auf zehn Jahre Vereinsgeschichte mit großen Erfolgen für das Projekt zurück. So ist SCHLAU Hannover vor allem in den letzten Jahren mit rund 100 Bildungs- und Antidiskriminierungsworkshops jährlich in Hannover und Region weit über sich hinausgewachsen.
Zur Sicherung und Weiterentwicklung unserer Arbeit war es schließlich an der Zeit sich neu aufstellen. Aus diesem Grund stimmte im Dezember 2020 die Mitgliederversammlung über die Vereinsauflösung des SCHLAU Hannover e.V. ab und beschloss die Trägerschaftsübernahme des Projekts ab dem 01.01.2021 durch den Andersraum e.V.